In Taucherkreisen rangiert Rangiroa auf französisch Polynesien unter den besten Tauchgebieten, die auf dem Planeten zu finden sind. Wir sind angetreten, um den Beweis anzuführen.
Als uns morgens kurz vor 9.00 Uhr der enge Transporter der Tauchbasis abholt, ist die Welt noch nicht in Ordnung: Die anwesenden Tauchgäste glänzen noch nicht mit guter Laune, die meisten sind noch müde und noch keiner weiß, was uns erwartet. Sicher – unser weiter Weg nach Rangiroa war sicher nicht umsonst: Lange und intensiv war die Recherche im Hinblick auf die Eignung des zu Polynesien zugehörigen Eilands. Das Ergebnis verhieß Tauchgenüsse der höchsten Kategorie.
Aber dafür ist es einfach noch zu früh und mit verschlafenen Augen sind wir nur froh, unsere Ausrüstung komplett vorzufinden.
An der Tauchbasis angekommen, erfahren wir beim Briefing, dass es heute zum Tiputa Pass gehen soll, einem echten Hotspot bei Tauchern.
Pierre, unser französischer Guide schwärmt von Silberspitzenhaien, Fischschwärmen und Delfinschulen – wir bekommen feuchte Augen, in der Hoffnung, dass auch nur die Hälfte seiner Prophezeiungen wahr werden könnte.
Taucherlatein kennen wir ja alle zur Genüge: Allerdings geht das Gerücht, dass sich vermeintlich überzogene Tauchberichte auf französisch Polynesien immer wieder bewahrheiten. Möglicherweise gilt das auch für Rangiroa? Die Hoffnung ist definitiv groß – aber bewusst schrauben wir die Erwartungen runter, um nicht im Nachhinein enttäuscht zu sein.
Der Tauchspaß beginnt
Die freundliche Crew hilft uns beim Anlegen der Sachen und nach wenigen Minuten begeben wir uns auf unser motorisiertes Schlauchboot, das uns in knapp 20 Minuten an unseren Einstiegspunkt heranbringt. Wir fahren mit dem gut motorisierten Boot von der Tauchbasis im Inneren der Lagune durch den Tiputa Pass an das nordöstlich der Lagunenöffnung gelegene Außenriff. Per „Back-Roll“ geht es ins Wasser und wir tauchen sofort ab.
Beim Abtauchen schwimmt unter uns ein grauer Riffhai dahin, gefolgt von 2 weiteren Exemplaren. Über dem dunkelblauen Untergrund sind die Tiere nur aufgrund ihrer Bewegung zu erkennen. Etwa 10 Minuten tauchen wir an der Riffwand entlang, als wir einen großen Fischschwarm entdecken. Eine immense Anzahl Makrelen hat sich zu einem riesigen Verband zusammengeschlossen.
Selten: Der Silberspitzenhai
Wir lassen die Makrelen hinter uns und erreichen wenig später ein Plateau auf dem Riffdach. Pierre bedeutet uns, in den sandigen Zonen dazwischen einen Platz zu suchen und zu verharren.
Offensichtlich haben wir die Stelle erreicht, an der sich Silberspitzenhaie hin und wieder blicken lassen. Bei der einsetzenden Strömung fällt es nicht leicht, eine geeignete Position zu finden, die Schutz gegen die Kraft des Ozeans bietet. Aber nach einer kurzen Weile haben alle einen guten Standort gefunden und so verharren wir gespannt und warten auf das Auftauchen des Silberspitzenhais.
Es wirkt, als wäre die Bestellung angekommen: Nach wenigen Minuten Wartezeit taucht ein Hai hinter der Riffkante auf und bewegt sich langsam auf die im Sand verharrende Gruppe Taucher zu. Mit stechenden Augen, so bilden wir uns ein, nimmt er uns genau in Augenschein – lässt aber kein größeres Interesse erkennen.
Die Flossen des weiblichen Hais weisen die typische helle Färbung auf: Es ist tatsächlich ein Silberspitzenhai.
Fast mühelos treibt der grazile Jäger ans uns vorbei, verliert sich dann rasch in den tiefen des Ozeans, als er nahezu desinteressiert weiterzieht.
Unsere Hoffnung auf ein weiteres Tier bleibt unerfüllt und auch wir ziehen nach wenigen Minuten vergeblichen Wartens weiter.
Wir passieren einen weiteren Schwarm Fische: Ein Schwarm junger Barrakudas tariert sich in der Strömung aus. Noch sind die Tiere zu jung, um sich als grimmige Einsiedler im weiten Ozean durch zu schlagen. Im großen Verband stehen die Fische nahezu regungslos über dem Riff, als in unmittelbarer Nähe ein junger Weißspitzenriffhai vorbeizieht.
In Anbetracht der Überzahl an grauen Riffhaien hier an den Riffen Polynesiens ist der Weißspitzenriffhai fast schon eine Rarität. Gut möglich, dass der Konkurrenzdruck unter Wasser derart hoch ist, dass die kleineren Weißspitzenriffhaie in polynesischen Gewässern das Nachsehen haben.
Wie im Unterwassermärchenland
…so kommt es uns zumindest vor. Fische, wohin das Auge blickt, Makrelen, Thunfische, Barrakudas, Haie und jede Menge kleinere Riffische. Ab und zu entdecken wir einen Rochen, der elegant über die schönen Korallenformationen dahingleitet – aufgescheucht von unseren Atemblasen.
Ein wahrer Tauchertraum, der sich uns hier in den Gewässern des Pazifiks erfüllt. Französisch Polynesien hat bisher, zumindest was das Tauchen angeht, alles halten können, was wir uns selbst erhofft hatten.
Und als ob er das Ganze noch unterstreichen wollte, schwimmt uns beim Einbiegen in das Innere der Lagune von Rangiroa noch ein großer Napoleon entgegen. Erschrocken lässt er die Augen kreisen und wendet sich abrupt ab.
„Verdammte Atemblasen“ – auch diesmal scheinen die kleinen luftgefüllten Blasen den imposanten Lippfisch zu vertreiben. Ein Kreislaufgerät / Rebreather wäre hin und wieder richtig cool – aber da man die Geräte nicht vor Ort leihen kann leider keine Option.
Fischwand, wie gemauert
Als unsere Atemluft bereits unter 50 Bar liegt, entdecken wir noch einen gigantisch großen Fischschwarm. Die Fische stehen derart dicht, dass man mit dem Auge nicht mehr die dahinterliegende Riffwand entdecken kann.
Wie eine Wand aus Biomasse stehen die Fische dichtgedrängt, wenige Meter vor den Tauchern, und starren aus zig-tausenden Augen auf uns fremde Lebewesen.
Ein wahrhaft krönender Abschluss eines einzigartigen Tauchgangs.