Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat ein globales Maßnahmenpaket zur Verringerung der Treibhausgasemissionen im internationalen Seeverkehr vorgelegt. Ziel ist es, die Branche bis zum Jahr 2050 klimaneutral auszurichten. Der Umweltausschuss (MEPC) einigte sich nach intensiven Verhandlungen in London auf einen Dekarbonisierungsplan, dessen verbindliche Umsetzung für eine Sondersitzung im Herbst 2025 vorgesehen ist.
Zentrale Komponente des Plans ist ein weltweiter Standard für Schiffskraftstoffe, der deren Treibhausgasintensität schrittweise senken soll. Ergänzend soll ein kombiniertes System aus CO₂-Bepreisung und Emissionszertifikaten eingeführt werden. Reedereien, die ihre Emissionsziele nicht erreichen, müssen mit Ausgleichszahlungen rechnen oder Emissionsrechte erwerben. Das System soll sowohl Anreize zur Reduktion schaffen als auch finanzielle Mittel für weniger entwickelte Länder bereitstellen.
Verhaltene Zustimmung seitens NABU
Jörg-Andreas Krüger, Präsident des NABU, bewertet die Einigung als ein grundsätzlich positives Signal in Richtung globaler Klimaschutz und notwendiger Veränderungen im maritimen Sektor. Er sieht in den Maßnahmen einen möglichen Beitrag zur schrittweisen Abkehr von fossilen Kraftstoffen. Gleichzeitig macht Krüger deutlich, dass das Ergebnis deutlich hinter den Erwartungen vieler Mitgliedstaaten und Umweltverbände zurückbleibt. „Es ist ein Anfang, aber kein großer Wurf“, so seine Einschätzung.
Deutliche Kritik am Emissionshandelssystem
Lukas Leppert, Schifffahrtsreferent beim NABU, äußert sich kritisch gegenüber dem geplanten Emissionshandelssystem. Statt eines klaren CO₂-Preises habe man sich auf ein kompliziertes und aus Sicht des NABU unzureichendes Modell geeinigt. Etwa 90 % der Emissionen würden weiterhin unberücksichtigt bleiben, was den Effekt der Maßnahmen stark relativiere. Auch die vorgesehenen Unterstützungsmechanismen für den globalen Süden seien aus NABU-Sicht nicht ausreichend. Leppert warnt zudem vor einer einseitigen Fokussierung auf Biokraftstoffe, die in ihrer Klimabilanz nicht unumstritten seien. „Alternative Vorschläge lagen vor, wurden aber nicht angenommen. Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt – auf nationaler wie internationaler Ebene“, so Leppert.
Luftreinhaltung: Fortschritt im Nordostatlantik
Deutlich konkreter fällt ein weiterer Beschluss der IMO zur Luftreinhaltung aus: Im Nordostatlantik soll ein neues Emissionskontrollgebiet (ECA) entstehen. Es umfasst die Region von Portugal bis Grönland und sieht schärfere Grenzwerte für Schwefel- und Stickoxid-Emissionen vor. Laut NABU könnten dadurch erhebliche Gesundheits- und Umwelteffekte erzielt werden, darunter die Vermeidung tausender vorzeitiger Todesfälle.
Bewertung des NABU: Ein wichtiger Schritt mit offenen Fragen
Sönke Diesener, ebenfalls Schifffahrtsexperte beim NABU, bewertet das neue ECA als bedeutenden Fortschritt. Das Gebiet schließt eine bisher bestehende Lücke zwischen Nord- und Ostsee sowie dem Mittelmeer und sorgt laut Diesener für einheitlichere Wettbewerbsbedingungen in der maritimen Wirtschaft. Der NABU würdigt insbesondere das Engagement einzelner Staaten und zivilgesellschaftlicher Akteure, die diesen Beschluss mitgetragen haben.
Fazit
Die jüngsten Beschlüsse der IMO markieren aus Sicht des NABU einen Teilerfolg für den Klimaschutz in der Schifffahrt. Während in einzelnen Bereichen – wie der Luftreinhaltung – konkrete Fortschritte erkennbar sind, bleibt der Weg zur effektiven und fairen Dekarbonisierung des Sektors weiterhin lang. Der NABU kündigt an, sich gemeinsam mit anderen Organisationen weiter auf nationaler und internationaler Ebene für ambitioniertere und wirksamere Maßnahmen einzusetzen.