Nachdem ich bereits 7 Mal zuvor in Ägypten getaucht bin, hat mich irgendwann die Begeisterung verlassen – ich wollte anderes sehen. So kam es, dass ich 2006 das letzte Mal das Rote Meer von Ägypten aus betauchte.
Zwar war ich danach nochmal am Roten Meer bei unserer Tauchsafari im Sudan. Sharm el Sheikh, El Quseir, Hurghada und Marsa Alaam & Co. hatte ich jedoch aus meinem Reisekalender gestrichen. Politische Umstürze und daraus resultierende Unruhen sowie vereinzelte Terroranschläge taten ihr Übriges, um das attraktive Tauchziel aus meinem Kopf zu verbannen.
„Überzogen“, mögen da sicher einige konstatieren. Mir kam es durchaus auch in den Sinn, dass eine potentielle Terrorgefahr mich nicht davon abhalten würde, in Ägypten zu tauchen. Was mich allerdings abschreckte, war der ungebremste Massentourismus, dessen Entwicklung ich über die Jahre zuvor miterleben musste. Die daraus resultierenden Schäden an der Natur, vor allem an den Korallenriffen in den Uferzonen insbesondere in den Gebieten von Hurghada wie auch tragischerweise Marsa Alaam waren teilweise derart gravierend, dass Tauchen dort teilweise keinen Sinn machte.
Das wie auch das Bedürfnis Neues zu sehen und Unbekanntes zu entdecken, sollten mich für mehr als 13 Jahre zu anderen „Ufern“ führen.
„Ich wollte einfach mal was anderes sehen.“
Und so führten mich meine Reisen zwischenzeitlich in den Oman, in den Sudan, auf die Philippinen, wiederholt nach Indonesien und Bali, Polynesien, auf die Azoren, nach Madeira, Sardinien und weiß Gott wohin. Ich gebe zu, es war toll anderswo und ich habe Ägypten lange Zeit nicht vermisst. Lange Zeit.
Bis mich dieses Jahr wieder das „Fieber“ gepackt hat. Das Rote Meer… es ist einfach ein faszinierendes Tauchgebiet – „da beißt die Maus keinen Faden ab“.
Aus unseren Breiten schneller erreicht man kein anderes derart artenreiches Meer auf dem Planeten – in nur 4,5 Stunden erreicht man von den meisten innerdeutschen Flughäfen Hurghada. Ein bisschen länger dauert es nach Marsa Alaam … im Idealfall noch am Tag der Anreise ins Rote Meer eintauchen? Herz, was begehrst Du mehr?
Als ich meine Reisepläne im Freundes- und Bekanntenkreis kund tue, stoße ich auf Widerspruch – teilweise sogar auf Unverständnis. „Warum denn Ägypten?“, „Ist es nicht gefährlich da?“, „Machst Du Dir keine Sorgen wegen Terrorismus und politischen Unruhen?“. Ich bin tatsächlich überrascht und mache mir so langsam Sorgen um die eigene Sorglosigkeit, die in Betracht der mir entgegen gebrachten Unkenrufe offensichtlich scheint. Ich nehme mir nochmal Zeit und studiere die einschlägigen Medien und Onlinemagazine. Von einer Bedrohung ist nicht wirklich etwas zu finden. Aber so schnell gebe ich nicht auf. Umsonst, wie ich feststellen durfte. Oder habe ich eventuell nicht gründlich genug recherchiert?
Ich verwerfe den Gedanken und tue endlich etwas Sinnhaftes: Reiseziel Ägypten – steht! Region… hmmm… wo genau soll es diesmal hingehen? Ich bin nur 8 Tage unterwegs. Stressfreies Tauchen soll es sein – somit ist ein schönes Hausriff von existenzieller Bedeutung! El Quseir kommt mir in den Sinn, ich habe gute Erinnerungen an die Region. Und nur wenig steht El Quseir fest.
Bei der Wahl meines Reiseziels habe ich allerdings verdrängt, dass der Transfer vom Flughafen noch mal fast 2 Stunden dauern kann. Von Haustür zum Hotelzimmer bin ich dann doch 13 Stunden unterwegs… verdammt… gut, die Wartezeiten an Bahnhöfen, Flughäfen und Kofferbändern eingerechnet, aber sei’s drum.
Das mit dem Tauchen am gleichen Tag fällt flach… bis ich mich dann im Hotelzimmer flachlege, ist es 3 Uhr Ortszeit in El Quseir. Jepp. Der Bitte des Reiseleiters, am nächsten Morgen zur Begrüßung zu erscheinen – „important information..!“, kann ich wohl nicht nachkommen. Ich ziehe mal ein ausgiebiges Frühstück in aller Gemütlichkeit vor. Ich bitte um Nachsicht.
Sorgen wegen der Reise nach Ägypten? Fehlanzeige
Nun, im Vorfeld, wie oben bereits erwähnt – wurde ich des Öfteren gefragt, ob ich denn wirklich sicher sei, nach Ägypten reisen zu wolle.
Mal ehrlich: Ich war mich nicht sicher, warum ich NICHT nach Ägypten reisen wollte.
Weder in den Medien noch in der Tauchergemeinde gab es Hinweise auf potentielle Gefahren. Mir persönlich hätte das eigentlich gereicht, aber weil mich die besorgten Fragen von Freunden und Bekannten ein wenig verunsicherten, hab ich mir mal die Seite des Auswärtigen Amtes zur Brust genommen und die Reisehinweise für Ägypten durchforstet – das würde ich auch allen Reisewilligen grundsätzlich empfehlen.
Immer einen „Besuch“ wert: Die Seite des Auswärtigen Amtes
Da das Auswärtige Amt aber sehr vorsichtig mit seinen Angaben ist, sollte man die Hinweise nicht überbewerten beziehungsweise genau unter die Lupe neben. Für mich waren die Hinweise in Bezug auf die Region rund um El Quseir und Hurghada alles in allem beruhigend.
Zack… Im Geiste wurden schon die Koffer gepackt. Vielmehr das vielteilige Tauchgepäck… die zwei Shorts und T-Shirts, die ich sonst noch brauche, passen da auch noch rein.
Warum El Quseir?
Ich war bereits zuvor in El Quseir – seiner Zeit im Mövenpick, das einen Steinwurf weit entfernt vom meinem jetzigen Resort, dem Radisson Blue, liegt. Die Anlage ahmt in der Architektur den landestypischen Baustil nach – ist aber deutlich größer ausgelegt als das Mövenpick und hat entsprechend deutlich mehr Gäste zu beherbergen. Da ich allerdings in der absoluten Nebensaison unterwegs bin (16 Grad und ein kräftiger Wind kühlen insbesondere nach dem Tauchen gut durch), ist es relativ leer.
El Quseir hat mich damals schon überzeugt, weil es gemütliches landgestütztes Tauchen ermöglicht und ich auch hinsichtlich der Hausriffe recht begeistert war – Erfahrungen hatte ich ja bereits zuvor gesammelt. Dieses Mal war ich nur 8 Tage unterwegs und hatte keine große Lust auf lange Anfahrten zu den Tauchgebieten – daher war es mir wichtig, ein vernünftiges Hausriff am Resort zu haben. El Quseir bietet da noch recht sichere Garantien, was in deutlich touristischeren Regionen eher unsicher ist. Gesagt getan – die Planung stand und es ging los…
Ankunft und Organisation
Am Flughafen Hurghada geht es zunächst zur Passkontrolle. Die Neuankömmlinge werden durch einen ersten Reiseempfang geschleust – interessanterweise begrüßt uns ein Reiseoffizieller und drückt den übermüdeten Reisenden die notwendigen Reisedokumente in die Hand (Einreisekarte für Ägypten) und nimmt gleichzeitig bereits das Geld für das Touristenvisum entgegen. Wir werden direkt in Deutsch angesprochen, was ich irgendwie befremdlich finde, aber von der recht guten Organisation zeugt. Ich fülle mit dem mitgebrachten Kugelschreiber (diesmal habe ich dran gedacht und muss mir nicht mühsam erst irgendwo einen erbetteln) die erforderlichen Felder aus und wende mich dann der ersten Passkontrolle zu. Gewohnt distanziert wie die meisten Zöllner prüft der Beamte nebensächlich meinen Pass, klebt das Visum ein und winkt mich durch.
Doppelt gemoppelt nervt besser.
Warum man danach direkt ein zweites Mal kontrolliert wird, hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Nunja, anscheinend möchten man den Touris deutlich machen, dass man es mit dem Thema Sicherheit ernst nimmt. Mich interessiert es gerade nicht die Bohne, ich will nur noch ins Hotel.
Aber bis dahin soll es noch eine Weile dauern.
Das Kofferband – die nächste Hürde. Nachdem ich mir mein Gepäck vom Band gekrallt habe, geht es weiter Richtung Ausgang. Dort steht der nächste Reiseleiter und reiht uns mit eine Wink in eine lange Schlange ein, die uns zu einem außerhalb des Flughafengebäudes gelegenen Komplex führt, wo ein weiterer Mitarbeiter uns „Frischlinge“ abfertigt und uns zu unseren Transferbussen verweist. Es dauert, bis ich am Schalter angekommen bin. In Anbetracht der späten Abendstunde ist nur ein Schalter geöffnet und die Prozedur zieht sich in Anbetracht der frischen Außentemperaturen und des allgemeinen Erschöpfungszustands unnötig lange hin. Egal… ich bin dennoch froh, dass es mehr oder minder alles geordnet abläuft und irgendwann finde ich auch meinen Transferbus, der uns Gäste dann nach fast 2 Stunden ans Ziel gebracht hat.
Danach kurzes Checkin im Hotel und ab ins Bett.
Ein wenig erschlagen erwache ich am nächsten Morgen – den Wecker habe ich vorausschauend gestellt, da ich wahrscheinlich das Frühstück verpennt hätte. Das Frühstücksbuffet im Radisson bot eine große Auswahl: Früchte, Cerealien, Brot und Brötchen, Butter, Wurst und Käse (auf die ich gerne verzichten kann), Marmelade, Eier in allen Variationen usw. und – gaaaaaaaaaaaaaanz wichtig! – Kaffee… sogar aus dem Vollautomaten.
Nachdem ich meinen Hunger und Durst gestillt habe, geht es zurück auf’s Zimmer. Ich brauche noch mein Tauchgerödel, damit ich mich bei der Tauchbasis einchecken kann. Mittags ist ein Welcome-Dive angesetzt. So ist’s richtig – nur keine Zeit verlieren.
Als ich das Tauchgepäck durch das halbe Resort schleife, passiere ich den Uferbereich und entdecke den Pier, über den es wohl zum Hausriff gehen soll. Aber hoppla: Was ist denn das? Da flattert doch eine rote Flagge im starken Wind und dann fallen mir die Brecher auf, die auf den Steg einstürmen. In mir kommen Zweifel auf, ob es wirklich noch zum zugesicherten Welcome-Dive kommen wird.
Ich betrete die heiligen Hallen der Subex Tauchbasis und werde freundlich von der Basenleitung begrüßt. Nach einem ausführlichen Checkin wird mir eröffnet, dass der Welcome-Dive wie bereits von mir angenommen nicht stattfinden kann – zumindest nicht am Hausriff. Ich kann aber zu einem entlegenen Riff fahren und dort tauchen. Ich muss in Anbetracht meiner Müdigkeit nicht lange überlegen und verwerfe den Plan… heute ist tauchfrei. Klar, da hau ich mich gerne lieber nochmal gemütlich in die Sonne. Morgen geht es dann früh raus – zum Tauchen!
Hab‘ ich mich zu irgendeinem Zeitpunkt unsicher gefühlt?
Nein, Guides, Personal wie auch das Umfeld, in dem man sich als gewöhnlicher Tourist bewegt, haben niemals ein mulmiges Gefühl aufkommen lassen. Gefahrensituationen habe ich keine wahrgenommen. Die Sicherheitskontrollen und das allgegenwärtige Polizeipersonal mögen das ihre dazu beigetragen haben – ich schätze aber eher nicht, dass mich ein paar müde Polizisten, die in der brütenden Hitze im Wachhaus ausharren müssen, wirklich beruhigen konnten. Es war dann eher die insgesamt entspannte Atmosphäre – sowohl auf Personal- als auch auf Gästeseite. Weder bei Ausflügen noch im Hotel noch bei Transfers gab es das sprichwörtliche schlechte Bauchgefühl.
Insofern: Alles gut. Ich würde mich jederzeit wieder für Ägypten entscheiden.
Generell gilt aber unabhängig vom Reiseziel wie oben angemerkt: Erst schlau machen, dann buchen!