Eines der berühmtesten und gleichzeitig berüchtigtsten Riffe der Welt befindet sich im Roten Meer, nahe der Stadt Marsa Alam.
Der Ruf des Riffes ist weithin legendär. Ein fantastischer Ort zum Tauchen, soll es sein, das Riff, das steil aus dem Meer hochragt und an seiner seichtesten Stelle mit 1 Meter fast schon an der Wasseroberfläche kratzt. Das Riff erstreckt sich in länglicher Ausdehnung von Nord nach Süd und die zahlreichen Plateaus und Terrassen unterteilen das Riff stufenartig.
Berüchtigt ist Elphinstone zum einen wegen der sich schnell ändernden bisweilen starken Strömungen. Zum andern aber auch wegen seiner natürlichen Schönheit – man findet ein nahezu vollkommen intaktes Riff vor, das unzählige Riffbewohner beheimatet, aber auch pelagische und räuberische Fischarten immer wieder anlockt.
Von kleinen Riffbarschen über alle Sorten von räuberischen Barschen, über Barrakudas, Napoleons und Schildkröten bis hin zu Weißspitzenriffhaien gibt es eine Menge an Meereslebewesen zu entdecken – von den vielen anderen kleineren Bewohnern wie Schnecken, Seesternen und Konsorten ganz zu schweigen.
Gelegentlich lassen sich auch Hammerhaie, Weißspitzenhochseehaie und Walhaie blicken – wenn der Zeitpunkt stimmt, kann hier sozusagen alles passieren.
Anreise auf dem Safariboot
Wir haben uns entschieden, das Riff mit dem Safariboot zu erkunden. Zwar bieten viele Tauchbasen rund um Marsa Alam Tagesausflüge mit gut motorisierten Booten an, doch muss man dabei in Kauf nehmen, gut 1,5 Stunden ordentlich auf dem Boot durchgeschüttelt zu werden, bis man das Ziel endlich erreicht.
Das Riff ist der Küste relativ weit vorgelagert und somit dauert die Anfahrt entsprechend lange – abgesehen davon lassen sich die Tauchbasen die lange Anfahrstrecke gut bezahlen.
Wir erreichen das Riff am frühen Morgen und sind voller Tatendrang und positiver Unruhe. Was uns der Tauchgang bringen wird, können wir nur erahnen.
Wie wir während des Briefings erfahren, erwartet uns eine von Norden kommende mittlere Strömung unter Wasser und so werden wir den Tauchgang am Nordplateau beginnen, sodass wir zunächst ein wenig gegen die Strömung angehen müssen um dann den Tauchgang mit der Strömung beenden zu können. Das Briefing verspricht uns Riffhaie und mit etwas Glück auch Hammerhaie – wir sind gespannt.
Einstieg am Nordplateau
Als wir die Einstiegsstelle erreichen, Maske und Flossen angelegt sind, geht es auf Kommando ab ins Wasser. Ein letztes Ok an der Wasseroberfläche und schon wenden wir uns tieferen Gefilden zu.
Auch aus der Entfernung zum Plateau ist Dank der sehr guten Sicht erkennbar, wie üppig bewachsen das Riff ist. Kaum haben wir die ersten Plateaus hinter uns gelassen, haben wir auch schon eine Tiefe von knapp 30 Meter erreicht.
Da die Strömung hier noch etwas stärker ist, bewegen wir uns knapp über dem Riff dahin, um so noch wenigstens ein bisschen Schutz gegen die Strömung zu haben.
Neben den zahlreichen bunten Riffbarsche, ein paar Muränen und den fast schon obligatorischen Rotfeuerfischen begegnet uns ein kleiner Schwarm junger Barrakudas.
Ich zähle an die 25 der noch nicht ausgewachsenen Pfeilhechte.
Mit eher ängstlichen Augen blicken sie uns an und gehen schnell wieder auf Abstand – langsam schweben sie zur Wasseroberfläche, wo ich glaube, zahlreiche Milchfische auf Jagd nach Plankton zu entdecken.
Wir tauchen weiter in Richtung Nordspitze. Der tiefe Spalt, der die nördlichste Spitze vom Rest des Riffes abteilt, ist bereits in Sicht und da entdecken wir in großer Entfernung noch außerhalb des Bereichs der Nordspitze drei graue Riffhaie.
Kaum haben sie uns – vielmehr unsere Blasen – entdeckt, preschen die scheuen Jäger davon.
Die nördlichste Spitze
An der Nordspitze angekommen, haben wir kaum Zeit für die Schönheit des Plateaus. Auch hier herrscht immer noch die Üppigkeit der Korallenlandschaft vor. Aber die Sichtverhältnisse hier auf knapp 40 Meter bescheren ein eher diffuses Licht und so richten wir weiter unsere Augen eine Zeit lang ins Blaue, in der Hoffnung, etwas Größeres möge noch vorbeiziehen.
Doch dieses Mal soll unsere Hoffnung auf Großfisch nicht erfüllt werden – von den grauen Riffhaien mal abgesehen.
Nichtsdestotrotz: Bis hierhin war der Tauchgang ohnehin beeindruckend genug und die Abwesenheit von Großfisch trübt die Laune der Tauchgruppe nur minimal.
Unser Rückweg führt uns entlang der Ostseite des Riffes. Uns begegnet ein großer Schwarm Straßenkehrer – wir tauchen dem Riff zugewandt an dem Schwarm vorbei und haben jetzt wieder die Augen der Schönheit der Rifflandschaft zugewandt. Überall reicher Bewuchs an Hart- und Weichkorallen und auch bunte Schwämme sind deutlich zu erkennen.
Auf ca. 12 Meter entdecken wir eine schöne große Gorgonie, die ihre „Zweige“ zur Nahrungsaufnahme in die Strömung hält und überall Myriaden Fahnenbarsche.
Das Riff ist an der Ostseite übersäht von farbenfrohen Klecksen, und je weiter wir auftauchen, desto mehr Farben können wir wahrnehmen.
Krönender Abschluss – ein Logimanus
2 Riesenmuränen später sind wir schon auf 7 Meter angekommen und als wir vereinbaren, den Sicherheitsstop einzuleiten, entdecken wir noch einen großen Napoleon. Der große Lippfisch mit seiner labyrinthartigen Musterung am Kopf beobachtet uns aufmerksam mit seinen großen Augen und zieht dann auch gleich schon wieder gelangweilt ab.
Er taucht tiefer, um dann wenig später nochmal von unten an uns heranzuschwimmen. Ob er wohl gewohnt ist, gefüttert zu werden?
Es soll vorkommen, dass Taucher hartgekochte Eier an die Tiere verfüttern – angeblich seien die Tiere vernarrt nach Eiern… sicher nicht die geeignete Nahrung für einen wilden Meeresbewohner.
Als er dann gänzlich entschwindet, wenden wir uns wieder unserem Sicherheitsstop zu.
Ich blicke auf meinen Finimeter und sehe, dass ich knapp unter 50 bar in der Flasche übrig habe… nicht ganz so, wie aus dem Lehrbuch, aber alles noch im grünen Bereich.
Als sich der Tauchgang dem Ende nähert, schaltet mein Hirn bereits auf „Landmodus“… ich dümpele schon in der leichten Dünung des Oberflächenwassers, da deutet mein Buddy mit ausgestreckter Hand ins Blaue, weg vom Riff.
Ich sehe nichts, verstehe noch weniger. Hektisch suche ich den Bereich, in den die Hand des Buddys zeigt und ich erkenne einen vagen Schemen… groß…Größer…GRÖSSER…
Das ist ein Hai! 20 Meter vor uns schwimmt ein stattliches Lonigmanusweibchen gelassen mit der Strömung. Wahrscheinlich hat uns das Tier schon viel früher entdeckt als wir es selbst. Was für ein tolles Tier: Der dunklegraue muskelbepackte Körper, die langen abgerundeten Brustflossen mit der typischen weißen Zeichnung. Auch die Rückenflosse ist abgerundet weist die charakteristische weiße Färbung auf, die namensgeben für den Weißspitzenhochseehai ist.
Als wir das Geräusch unseres Dinghies bemerken, entfernt sich der Hai und wir können unser Glück gar nicht so richtig fassen – was für ein krönender Abschluss für diesen tollen Tauchgang!