Gefährliche Abwärtsströmung

Mit den Fingern voran

Es ging um einen ähnlichen Tauchgang mit mächtig viel Strömung. Die berichtenden Taucher waren gezwungen, sich mit den Händen am Riff entlangzuhangeln – entgegen jeglicher Tauchverhaltensregel mussten die Korallen als Haltegriffe herhalten. So hätten sich die Taucher Armlänge um Armlänge gegen die Strömung vorgeschoben und konnten sich so aus dem Bereich der Strömung in Sicherheit bringen.

Ohne einen weiteren Gedanken an den möglichen Umweltfrevel zu verschwenden und ohne das Für und das Wider abzuwägen – wir erinnern uns an Leitsätze wie: Don’t touch anything -, greife ich mit zwei Fingern der jeweiligen Hand nach einem Vorsprung, möglichst aus Fels, zur Not aber auch aus Koralle.

Das Riffdach ist das Ziel

Die Stömung zerrt an mir, aber ich verliere nicht den Halt und kann mich langsam unter Anstrengung am Korallenriff voranschieben. So komme ich Stück für Stück voran und meine innere Anspannung lässt nach, als ich bemerke, dass die Methode funktioniert.
Ich beruhige mich ein wenig – mein Puls und die Atmung werden wieder ruhiger. Als ich mich den anderen Tauchern in der Gruppe zuzuwende wird deutlich:  Auch diese haben eine ähnliche Strategie wie ich angewendet und hangeln sich ein wenig ungelenk aber effektiv am Riff entlang. Es hat ein wenig von Bergsteigen in der Schwerelosigkeit – hier ist es die Strömung, die für eine Art Schwerkraft sorgt.

Sicher leidet das Riff unter unserem festen Griff – aber die eigene Sicherheit hat eindeutig „Vorfahrt“ – der Pragmatismus obsiegt und methodisch kraxeln wir in Richtung Wasseroberfläche.

Als wir das Riffdach erreichen, endet der Spuk so urplötzlich wie er begonnen hat – die Strömung reißt ab und auf unseren Gesichtern löst sich die Anspannung.

Während der ganzen Zeit des anstrengenden Aufstiegs, konnte ich keinen Blick auf die Luftreserven werfen. Ehrlich gesprochen wollte ich das auch nicht, aber nun sehe ich, dass es höchste Eisenbahn war.
Noch 20 mickrige Bar in der Tauchflasche.

Zeit für den Safetystop

Ein wenig verunsichert schwimme ich auf Guide Richard zu und gebe zu verstehen, dass meine Luftreserven zur Neige gehen. Sein Blick strahlt wie gewohnt Ruhe aus – einen derart weitsichtigen Guide kann man sich nur wünschen.
So in sicheren Händen konzentriere ich mich auf das Ende des Tauchgangs und merke erst jetzt beim Austauchen, wie erschöpft ich bin.

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