Nichts wie so kontrovers behandelt wie die Frage nach dem kaum vermeidbaren Problem und dessen wenigen Lösungsansätzen: Unmotivierter Blasendruck beim Tauchgang.
Natürlich: Keiner würde es zugeben – es halten immer alle durch bis zum Schluss… doch dafür ist der Andrang auf den Toiletten nach dem Tauchgang oft doch recht gering. Schon mal aufgefallen?
Woran mag das wohl liegen? Ein Schuft, der Übles dabei denkt.
Was mich jedoch angeht? Ja, ich gestehe… und liefere meine Beichte gleich mit.
„Ich hab’s getan… mehrfach… ich… ich konnte es einfach nicht mehr einhalten.“
Leute – mal im Ernst… nennt mich einen Schmutzfink, aber ich habe als Wiederholungstäter dieses vermeintlich Tabu gebrochen. Warum? Weil ich verdammt noch mal tierisch pinkeln musste – nicht mehr. Nicht weniger.
Noch hatte ich Lust, mir von einem Blasenkrampf einen der seltenen schönen Tauchgänge zu versauen – im Dienste des guten Gewissens und einem fehlgeleiteten Verständnis von Körperhygiene.
Und sind wir mal ganz ehrlich: Es gibt in Taucherkreisen ein geflügeltes Sprichwort.
„Es gibt jene, die in der Anzug pinkeln und jene, die darüber lügen.“
Und, den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden? Ich zitiere mal die Bibel: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“, etwas zeitgenössischer würde man vielleicht ausführen: „jeder kehr vor seiner Tür, da hat er Dreck genug dafür“.
Nun, es gibt zahlreiche Missverständnisse und Mythen zum Thema, die gerne mal ein wenig entzerrt werden müssen.
Urin macht den Tauchanzug kaputt.
Urin selbst macht den Tauchanzug nicht kaputt. Möglicherweise unbrauchbar, wenn ihr ihn nicht auswascht – ganz klar. Aber belegbare Schäden sind bisher nicht nachgewiesen. Insofern – ein Mythos.
Weniger trinken, führt zu weniger Blasendrang.
Das mag durchaus zutreffen, ist aber gelinde gesagt, das Schwachsinnigste, was wir als Taucher machen sollten. Wir alle wissen, wie schnell man als Taucher insbesondere in warmen Klimazonen beim Tauchen in Salzwasser dehydrieren kann. Ich selbst habe es schon erlebt, als ich glaubte, ohne Probleme mit einem halben Liter Wasser zwei Tauchgänge in Ägyptischer Sonne überstehen zu können. Fazit: Meine Freundin musste mich abends zum Hotelzimmer schleppen. Ich litt unter starken Auswirkungen einer Dehydration – Schwindel, Schwäche, Übelkeit – Wenig oder gar keine Flüssigkeit zu sich nehmen? Keine gute Idee.
Schlimmer noch: Dehydration steigert das Risiko, einen Dekompressionsunfall zu erleiden, erheblich. Also: Immer schön viel trinken!
Ein weiterer Effekt, der unabhängig von der aufgenommenen Wassermenge den Harndrang fördert, ist die sogenannte Taucherdiurese. Diese führt durch die Einwirkung des kühleren umgebenden Mediums (Wasser) zu einer erhöhten Harnproduktion. Also ist wenig trinken im doppelten Sinn nicht zielführend!
„Haltet ein!“
Leichter gesagt als getan. Wenn sich die Blase schmerzvoll meldet, dann zumeist in immer stärker werdenden Wellen, deren steigernde Intensität zuletzt keinen Aufschub duldet. Meditative Techniken werden – bei mir zumindest – ausgehebelt, wenn ich mir vorstelle, noch den ganzen Weg zurück zur Basis mit Gepäck und voller Blase leisten zu müssen. Dann noch zappelnd die Ausrüstung ablegen und Hals über Kopf auf die Toilette stürzen. Bei dem Gedanken verlässt mich der Mut, die Konzentration schwindet und die Mauer des Widerstands fällt in sich zusammen wie ein Kartenhaus.
Übrigens: Wer zu lange einhält, für den erhöht sich die Gefahr, an einer ernsthaften Harnwegsinfektion bis hin zur Blasenentzündung zu erkranken. Im Urlaub eher unerfreulich.
Die Taucherheizung
Den Begriff kennt jeder und doch verhält es sich genau umgekehrt. Sicher: im ersten Moment tritt ein wärmender Effekt ein. Doch keiner, der soeben Wasser gelassen hat, wird das wenig schmeichelnde Element um sich haben wollen, bis er das Wasser – stinkend wie eine alte Bahnhofstoilette – wieder verlässt.
Nein, den Eigenurin möchten wir schließlich so schnell es geht wieder loswerden. Der Körper – durch die Wärme des Urins auf höhere Temperaturen eingestellt – muss nun durch das in den Tauchanzug erneut eingelassene Wasser (DURCHSPÜLEN NICHT VERGESSEN!) den „Temperatursturz“ ausgleichen. Das kostet extra Energie, die der Körper insbesondere gegen Ende des Tauchgangs nur schon schwer aufbringen kann.
Nichstdestotrotz: Immer Spülen-.. spülen!
Wer es öfters oder gelegentlich nicht lassen kann, der wird wohl nicht umhin kommen, den Taucheranzug unter Wasser zu spülen. Doof, wenn man beispielsweise im kühlen Atlantik taucht und die beim Spülen eindringende Kälte für alles andere als Behagen sorgt. Aber in Erinnerung an den letzten Besuch der Bahnhofstoilette nimmt man besser das kleinere Übel in Kauf.
Und so geht’s:
Halsmanschette mit beiden Händen leicht aufziehen und Frischwasser schubweise in den Anzug pumpen. Das ganze mit den Manschetten an Händen und Füßen wiederholen, bis ihr glaubt, genügend Wasser reingespült zu haben.
Und dann kommt Trick 17: Im Wasser eine Position einnehmen, so dass der Kopf nach unten geneigt ist und die Beine leicht nach oben zeigen. Nun öffnet ihr erneut die Halsmanschette und atmet Luft in euren Tauchanzug. Die Luftblasen wandern spürbar am Körper entlang in Richtung Fußmanschetten und nehmen das überflüssige Wasser wieder mit
VORSICHT: Wichtig ist dabei, dass ihr noch genügend Luftvorräte habt und Umgang mit dem Tarierung erfahren und sicher seid!
UND BITTE: Nicht in Leihanzüge pinkeln.. das ist ein absolutes No-Go. Immer dran denken, dass anderen auch noch den Anzug ausleihen wollen und es immer jemanden gibt, der den Leihanzug reinigen muss!