Fakarava – Garuae Channel

Fakarava verkörpert alles, was man von einem typischen „Südseeparadies“ erwartet und es ist ein wunderbarer Platz zum Tauchen.

Die kleine französisch-polynesische Insel Fakarava verfügt über schneeweiße, idyllische Sandstrände, deren Ränder gesäumt sind von ausladenden Kokospalmen.  Die Wetterseite zum offenen Ozean hin zeigt ihre Zähne: Scharfkantige Felsen, die als natürlicher Schutzwall gegen die Brandung des Ozeans dient.

Das gesunde Riff – Behausung unzähliger Arten

Das Eiland ist klein, verfügt über eine einzige Straße, die eigens für den Besuch eines französischen Staatsoberhauptes gebaut wurde (jedoch zog es Monsieur Chirac seinerzeit vor, mit Abwesenheit zu glänzen).

Die Schokoladenseite der Insel erstreckt sich zur Lagunenseite hin. Hier liegen die wenigen Hotelanlagen und kleinen Gäste-Pensionen sowie die ortsansässigen Tauchbasen. Die Außenseite, die dem Ozean zugewendet ist, zeigt sich von ihrer rauen und wilden Seite: Es herrscht deutlich mehr Seegang als auf der Lagunenseite und auch die Strände hier sind weit weniger attraktiv.

Während unseres Besuchs dort fiel die Wahl auf Top Dive, einer Tauchbasenkette, die auf zahlreichen Inseln auf Französisch Polynesien vertreten ist. Bei Top Dive angekommen folgen die obligatorischen Checkin-Formalitäten. Wir bekommen unsere Boxen zugewiesen, in denen wir unsere Tauchausrüstung verstauen. Dann werden schon die Termine für die ersten Tauchgänge abgestimmt: Bereits am nächsten Tag soll der erste Tauchgang stattfinden.

Am Tag darauf holt uns der wortkarge einheimische Fahrer der Tauchbasis pünktlich ab an unserer Unterkunft ab und sodann geht es mit dem Toyota Jeep zur Basis. Nach wenigen Minuten Fahrtzeit empfängt uns unser Guide Arnaud freundlich und weist uns kurz in das allgemeine Prozedere ein. Das Briefing fällt knapp aus und wir erfahren, dass es zur Nordpassage des Atolls geht.

Der Garuae Channel

Der Garuae Channel stellt die nördliche Öffnung des Atolls dar. Durch diese strömt der Pazifik in die Lagune ein und je nach Gezeitenlage wieder zurück.  Das führt dazu, dass es zu teilweise schwierigen Strömungsbedingungen kommen kann. Die Wahrscheinlichkeit, einen besonders anspruchsvollen Tauchgang erleben zu dürfen, stehen hoch, und ich rätsele noch, ob es Sinn macht, die Kameraausrüstung mit ins Wasser zu nehmen.

Gute Chancen, Haie zu sehen

Aber Strömung bedeutet auch hohe Chancen, Haie und andere Jäger sehen zu können – und das bestätigen uns die Guides.  Es geht das Gerücht eines riesigen Hammerhaies, der hier sein „Unwesen“ treiben soll. Der uns begleitende Guide erzählt uns, dass er ihn selbst gesehen hat und wegen der Aggressivität des Tieres einen früheren Tauchgang abgebrochen hat. Zu groß sei die Gefahr für die Taucher gewesen.

Intakte Unterwasserwelt auf Fakarava

Ein wenig mulmig wird uns bei dem Gedanken schon, zugegebenermaßen. Aber wir tun das alles mal als Taucherlatein ab und fokussieren uns auf den ersten Tauchgang – Angst wäre sicher ein schlechter Begleiter bei unserem ersten Tauchgang in Französisch Polynesien.

Aber als wir nach 20-minütiger Bootsfahrt den Tauchplatz erreichen, sind alle sorgenvollen Gedanken verflogen und wir widmen uns konzentriert unserer Ausrüstung.  Die Crew hilft uns, die Jackets anzulegen und mit großen Erwartungen werfen wir uns in das Wasser der Lagune, in der Hoffnung auf einen spektakulären Tauchgang.

Mit einem  Fingerpaar auf dem Luftauslassventil, dem anderen auf den Nasenflügeln, tauchen wir ab auf 28 Meter. Noch während wir abtauchen ziehen unter uns zwei graue Riffhaie vorbei. Die dunklen Rücken der Tiere sind über dem Riff kaum auszumachen – man erkennt sie nur an ihren grazilen Bewegungen – für den Anfang schon mal nicht schlecht!

Glotzaugensoldaten bilden einen schönen farblichen Kontrast

Als wir unsere endgültige Tauchtiefe erreicht haben, liegt ein wunderschönes Riff vor unseren Augen. Üppig ist der Bewuchs, die Steinkorallen strotzen geradezu vor Gesundheit – weder Dornenkrone noch Korallenbleiche scheinen hier ihr Unwesen getrieben zu haben.

Und das gesunde Korallenriff ist der Lebensraum für unzählige Riffbewohner:  Riesige Fischschwärme tummeln sich wohin das Auge reicht.

Vor uns taucht eine Wand von Gelbstreifenschnappern auf, die unser Guide zielstrebig ansteuert.  Andere Tauchgäste entfachen mit ihren Kameras ein Blitzlichtgewitter – vermutlich wegen der Schnapper, so die anfängliche Annahme. Doch bei genauerem Hinsehen ist der wahre Grund für das „Feuerwerk“ unter Wasser ein anderer: Riffhaie, viele Riffhaie!

Haie, Haie und nochmal Haie!

Über dem Fischschwarm zeichnen sich größere Schatten ab – aus dem tiefblauen Hintergrund lösen sich einzelne Hai, die sich dem großen Schwarm nähern – in der Hoffnung auf eine gute  Gelegenheit, sich einen Fisch einzuverleiben. Und nun kommen sie aus allen Richtungen, als wollten Sie den Schwarm daran hindern, in eine Richtung zu entkommen. An mir zieht ein junges Weibchen vorbei, beäugt mich kurz mit wenig Interesse und wendet sich dann ihrem Hauptaugenmerk zu.

Graue Riffhaie auf der Suche nach Beute

Es sind an die 20 Tiere, die mal näher, mal weiter entfernt um den Schwarm kreisen.

Gebannt beobachten wir das Treiben und vergessen dabei die Zeit. Die gelegentlichen Blitze der Kameras reißen uns aus unserer unserer hypnotischen Starre, verfallen jedoch unmittelbar wieder in Staunen. Es ist schließlich unser Guide, der uns aus unserer lethargischen Faszination reißt.

Wir lassen das Treiben hinter uns und gleiten weiter entlang am Riffdach . Zu unserer Linken steht ein Schwarm Doktorfische: Eine Schätzung der Zahl ist nicht möglich, da das gesamte Ausmaß des Schwarms nicht erkennbar ist – der hintere Teil verschwimmt mit dem blauen Hintergrund und lässt nur erahnen, wie viele Tiere der Schwarm umfassen mag.

Und tatsächlich: Je weiter wir an den Fischen entlangtauchen, desto mehr tauchen wie aus dem Nichts auf und reihen sich in die scheinbar nicht enden wollenden Schar ein.

Wir tauchen unter dem Schwarm in südöstlicher Richtung hindurch und eine kleinere Gruppe Glotzaugensoldaten bildet einen nahtlosen Übergang zu einem weiteren Schwarm.

Diesmal sind es Buckelschnapper, die eine Wand aus Fischlaibern in die Rifflandschaft zeichnen. Zuerst entdecken wir einen einzelnen Riffhai über dem Schwarm. Dann folgt ein weiterer und entschwindet nach links aus unserem Sichtbereich. Weitere Räuber tauchen von links auf und im Hintergrund zeichnen sich schemenhaft unzählige weitere Haie ab: Graue Riffhaie  soweit das Auge reicht.

Die Körper der Raubfische sind gespannt wie die Sehne eines Bogens vor dem Abschuss des Pfeils – man kann die Anspannung der Tiere deutlich sehen. Die wachsamen Augen der Räuber scheinen die Umgebung aufmerksam abzuscannen. Weitere sensorische Organe des Hais (Geruchsinn, Lorenzinische Ampullen und Seitenlinienorgan) verzeihen ihren Beutefischen nicht die kleinste Unaufmerksamkeit. Für die vielen Fische in der Umgebung heißt es höchste Alarmbereitschaft –  was für ein Stress diese große Ansammlung von Fressfeinden für die Tiere bedeuten muss.

Blitzlichtgewitter

Die Taucher, die ihre Kameras mit ins Wasser genommen haben, lösen wieder zahlreiche Blitzlichtgewitter aus. Die vielen Haie bieten ein tolles Motiv.

Zu den grauen Riffhaien, die hier eindeutig in der Überzahl sind, gesellt sich ein einzelner Weißspitzenriffhai, der direkt auf uns zuschwimmt. Der Hai reißt sein Maul auf, als wolle er den anderen Haien die Zähne zeigen. Vermutlich aber ist das nur ein Mechanismus zur Entspannung der Kiefermuskeln, ähnlich dem Gähnen bei uns Menschen.

Schweren Herzens wenden wir uns von der beeindruckenden Szenerie ab und tauchen in einen von der Meereströmung ausgewaschenen Kanal ein – die leichte Strömung schiebt uns sanft vor sich her und wir tauchen zwischen den 3-4 Meter hohen Korallenwänden über  sandigen Boden hinweg.

Nach ca. 50 Metern senkt sich der uns umgebende Korallenbereich ab und gibt den Blick frei auf die dahinterliegende Korallenformation. Ein weiteres Plateau, durchsetzt von zahlreichen kleineren Öffnungen und Überhängen, in denen sich Schutz suchende Meerestiere niedergelassen haben.

Direkt vor uns entdecken wir unter einem solchen Überhang eine größere Gruppe Glotzaugensoldaten. Vor was sie Schutz suchen ist leicht zu erkennen: Im Hintergrund patrouillieren weitere Haie.

Unter Überhängen suchen Fische Schutz vor Räubern

Die Strömung schiebt uns weiter vor sich her, weg von den Soldatenfischen und den Haien, langsam aber unaufhaltsam dem Ende des Tauchgangs entgegen.

Wir treiben bereits im flacheren Bereich, als der Guide seine Strömungsboje aus seinem Jacket nestelt. Der mit Luft gefüllte Signalsack schießt an die Wasseroberfläche während wir aus undefinierbarer Richtung das Motorengeräusch unseres Bootes wahrnehmen.
Wir treiben dem Sicherheitsstopp entgegen und verfolgen vereinzelt vorbeistreifende Haie mit den Augen. Gerne hätten wir noch ein paar Runden gedreht, aber unsere Luftvorräte sehen das anders.

Ob der nächste Tauchgang genauso viel versprechend wird?

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