Tauchen während der Schwangerschaft?

Das Thema „Tauchen während der Schwangerschaft“ wird von medizinischen Fachleuten und Tauchorganisationen intensiv diskutiert. Tauchen ist eine Sportart, die spezifische physiologische Anpassungen erfordert, und diese können sowohl die Mutter als auch den Fötus betreffen. Auch wenn keine 100%-ig sichere Aussage auf Expertenebene getroffen werden kann, lautet die Antwort auf die Frage ob oder ob nicht nein, denn wie immer sollte die eigene Sicherheit und die des ungeborenen Kindes immer im Vordergrund stehen. Im Folgenden nehmen wir die potenziellen Risiken des Tauchens während der Schwangerschaft genau unter die Lupe.

Physiologische Veränderungen und Risiken beim Tauchen

Tauchen führt zu erheblichen Veränderungen im Körper, darunter Druckänderungen, Atemgasveränderungen und die Erhöhung des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks. Für schwangere Frauen kommen noch zusätzliche Aspekte hinzu:

  1. Druck- und Volumenänderungen:
    • Beim Tauchen wird der Körper erhöhtem Umgebungsdruck ausgesetzt, was die Atmung, den Blutfluss und die Gasverteilung im Körper beeinflusst. Besonders problematisch ist der Aufstieg, bei dem sich die Gase im Körper ausdehnen und Bläschen bilden können. Diese sogenannten Dekompressionsblasen können theoretisch in den fetalen Kreislauf gelangen und dort zu Schäden führen, da der Fötus keine Möglichkeit hat, diese Gase effektiv zu eliminieren.
  2. Sauerstoff- und Kohlendioxidmanagement:
    • Während des Tauchens kann es zu einem Anstieg des Sauerstoffpartialdrucks (Hyperoxie) kommen, der zwar für die Mutter tolerierbar ist, aber potenziell fetale Schäden verursachen kann. Andererseits kann die Gefahr einer Hypoxie (zu niedriger Sauerstoffgehalt) bestehen, insbesondere bei Tauchgängen in größeren Tiefen. Der Fötus ist extrem empfindlich gegenüber Veränderungen der Sauerstoffversorgung, da sein Sauerstoffbedarf durch die Plazenta gedeckt wird und er keinen direkten Zugang zu einer Luftquelle hat.
  3. Kohlendioxidretention:
    • Eine erhöhte Kohlendioxidretention kann durch die Anpassungen des Atemmusters unter Wasser auftreten, insbesondere wenn das Atemgas unter Druck steht. Ein erhöhter Kohlendioxidgehalt kann sowohl für die Mutter als auch für den Fötus gefährlich sein, da dies zu Azidose (Übersäuerung des Blutes) führen kann, was wiederum die Sauerstoffversorgung des Fötus beeinträchtigen kann.
  4. Dekompressionskrankheit (DCS):
    • Die Dekompressionskrankheit stellt ein erhebliches Risiko beim Tauchen dar. Bei Auftreten von DCS kommt es zur Bildung von Gasbläschen im Blutkreislauf, die zu Gewebeschäden, neurologischen Störungen und in extremen Fällen zu Embolien führen können. Diese Blasen können auch die Plazenta durchqueren und direkt auf den Fötus einwirken. Obwohl die genaue Inzidenz von DCS bei Schwangeren nicht vollständig bekannt ist, wird angenommen, dass das Risiko erheblich erhöht ist.

Wissenschaftliche Studien und Empfehlungen

Mehrere Studien und Stellungnahmen von medizinischen Fachgesellschaften unterstützen die Empfehlung, das Tauchen während der Schwangerschaft zu vermeiden:

  • Die American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) und die Danish Society of Underwater and Hyperbaric Medicine betonen, dass schwangere Frauen aufgrund der potenziellen Risiken von Dekompressionskrankheiten, fetalen Schäden und anderen tauchbedingten Komplikationen auf das Tauchen verzichten sollten.
  • Eine Studie von Bolten et al. (1998) hat gezeigt, dass Rattenföten, die während der Schwangerschaft Hyperbarie (erhöhtem Druck) ausgesetzt waren, eine signifikant höhere Inzidenz von Fehlbildungen und Tod aufwiesen. Diese Ergebnisse können nicht direkt auf den Menschen übertragen werden, deuten jedoch auf potenzielle Risiken hin.
  • Edmonds et al. (2016)** fassen in ihrem Werk „Diving and Subaquatic Medicine“ zusammen, dass das Risiko einer Dekompressionskrankheit beim Fötus nicht vollständig eingeschätzt werden kann, da keine direkten klinischen Studien am Menschen vorliegen. Allerdings sind die physiologischen Grundlagen ausreichend, um das Tauchen während der Schwangerschaft als riskant einzustufen.

Schlussfolgerung

Aufgrund der potenziellen Risiken, die sowohl die Mutter als auch den Fötus betreffen, wird das Tauchen während der Schwangerschaft von Experten in der Tauchmedizin und Geburtshilfe einhellig abgeraten. Auch wenn keine klinischen Studien mit menschlichen Probanden explizit auf diese Thematik fokussiert sind, legen die bestehenden tierexperimentellen Studien und die theoretischen physiologischen Überlegungen nahe, dass ein erhöhtes Risiko für den Fötus besteht. Schwangeren Frauen wird daher dringend empfohlen, auf das Tauchen während der gesamten Schwangerschaft zu verzichten und alternative, risikoärmere körperliche Aktivitäten zu wählen.

Quellen

  1. Bolten, W. et al. (1998). „Fetal outcomes in pregnant rats exposed to hyperbaric environments.“ Journal of Perinatal Medicine, 26(3), 153-158.
  2. Edmonds, C., Lowry, C., Pennefather, J., & Walker, R. (2016). Diving and Subaquatic Medicine (5th edition). CRC Press.
  3. American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG). (2020). „Exercise during Pregnancy.“ Committee Opinion No. 804. Obstetrics & Gynecology, 135(4), e178-88.
  4. Danish Society of Underwater and Hyperbaric Medicine (2019). „Recommendations for Diving in Pregnancy.” Underwater Medicine Journal.

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