Nachttauchgang mit Gänsehaut
Nachttauchgang in der Lagune: Dieser war eher bescheiden und man hätte ihn sich zugunsten eines günstigeren Stickstoffhaushalts sparen können, wenn da nicht das Wörtchen „Wenn“ ins Spiel gekommen wäre.
Der „Querulant“ aus der Wortart der Bindewörter/Konjunktionen hätte uns Lügen gestraft, sofern wir behauptet hätten, es hätte keine besonderen Vorkommnisse gegeben.
Es war ein Moment, den man so nie vergessen wird und einem jetzt noch die Haare im Nacken aufstellt.
Gänsehauteffekt inklusive
Eine Weile tauchen wir bereits an der Riffwand innerhalb der Lagune entlang. In Gedanken bin ich bereits beim Abendessen, froh, wieder das Wasser verlassen zu haben. Gerade quält mich noch die Frage, warum ich überhaupt auf den Tauchgang mitgekommen bin, das streift etwas Großes den Schein unserer Tauchlampen.
Zugegeben: Ich zucke ein wenig zusammen. Das ist schon ein bisschen gruselig, wenn man beim Nachttauchgang etwas sieht, das größer als ein gewöhnlicher Fisch ist.
Dann ist das „Große“ auch schon wieder weg – mehr konnte ich nicht erkennen. Doch nach kurzer Zeit sucht das Tier abermals das Spotlight unserer Lampen: Und nun wird es uns mit einer leichten Gänsehaut klar, wer uns hier im Dunkeln Gesellschaft leistet: Kollege Longimanus – ein Weißspitzenhochseehai – gibt sich alle Mühe, uns einzuschüchtern.
Ich bin sicher, auch wenn es später keiner zugeben möchte – ein wenig Panik hatten alle.
Ich halte fest: Haisichtungen an sich sind großartig – einen Longimanus nachts allerdings ist eine ganz andere Hausnummer. Auch wenn keine unmittelbare Gefahr von dem Tier ausgehen sollte, dennoch sind es nachtaktive Jäger und wir wollen ihm nicht als potentielle Beutekonkurrenten, als die er uns betrachten mag, auf die Nerven fallen – nein, das wollen wir sicher nicht!
Aus Gründen der Sicherheit beschließt unser besonnener Guide, kein Risiko einzugehen und wir treten den Weg zurück zum Boot an. Als wir die Kehre einleiten, verlieren wir den großen Raubfisch aus den Augen. Während wir eng an der Riffwand entlangtauchen, leuchten wir in Richtung Laguneninneres. Als wir den Hai längere Zeit nicht zu Gesicht bekommen, weicht das mulmige Gefühl allmählich.
Als wir bereits am Boot den Sicherheitsstopp absolvieren, wird es nochmal gruselig. Der Longimanus taucht erneut auf und umkreist uns neugierig. Es ist eher die Tatsache, dass er uns die ganze Zeit aus sicherem Abstand mit all seinen perfekten Sinnen beobachtet hat, als das eigentliche Umkreisen.
„Den Letzten beißen die Hunde“, denke ich selbstsüchtig und bin dieses Mal froh, nicht als Letzter das Wasser verlassen zu müssen. An Bord ist die Aufregung groß, und, als wäre die Situation nicht zumindest ein bisschen haarsträubend gewesen, spielen alle den Helden und klopfen sich auf die breite Brust.
Wie auch immer – die Situation war sicherlich nicht ganz ohne, aber der entsprechend betont lockere Umgang gehört dann auch dazu…