Tauchsafari im Sudan

Tag 6 – Sanganeb Süd

Es ist der letzte Tauchtag in einer Reihe von mehr als großartigen Tauchtagen, die nun hinter uns liegen. Resümierend betrachtet komme ich nicht umhin zu konstatieren: Eine Woche mehr hätte sich durchaus gelohnt.

Zahlreiche der betauchten Riffe hätten einen weiteren Tauchgang „verkraften“ können – aber es hilft alles nichts: Die Kurzvariante der Tauchsafari, die ich gebucht habe, lässt keine Alternativen zu.

Bereits morgen Abend soll uns unser Flieger wieder über den Umweg nach Kairo zurück in unsere Deutsche Heimat bringen.

Immerhin stehen uns heute noch 3 spannende Tauchgänge ins Haus.


Am frühen Morgen geht es für uns noch zur Südspitze des Sanganeb Riffs. Um 06.30 Uhr umweht uns noch eine kühle Brise, die uns kälter vorkommt als sie tatsächlich ist.

Briefing, Anrödeln als auch die Überfahrt zur Südspitze lassen wir schnell hinter uns, als wir mit dem Rücken voran auch schon auf der Wasseroberfläche aufschlagen.

Wegen der Dünung tauchen wir direkt unter. Während über uns die Brecher zusammenschlagen und die Wasseroberfläche milchig schäumen, sinken wir auf ein ausgedehntes Plateau hinab, dessen wahres Ausmaß sich unter Wasser nur erahnen lässt.

Zwar sind die Sichtverhältnisse wie so oft im hiesigen Teil des Roten Meeres optimal, doch das sanft abfallende Riffplateau erstreckt sich weithin bis jenseits unseres Sichtfeldes.


Schon von weit oberhalb ist die Vitalität des Riffes gut erkennbar: Es wuselt nur so von kleinen Riffbarschen und Drückerfischen. Die fragilen Hartkorallen werden von Weichkorallenstöcken vielfach unterbrochen und überall wimmelt es nur so vor Leben.

Ein großer Napoleon nimmt uns in Augenschein und sucht dann gelassen aber stetig Abstand zu unserer Gruppe. Voller Euphorie entdecken wir auch an diesem Tauchplatz einen großen Schwarm Barrakudas und als wäre das schon nichts, umkreisen uns zahlreiche Buckelkopfpapageienfische.

Uns stockt der Atem – so schön ist es hier.

Und obwohl wir irgendwie alles bereits gesehen haben, können und wollen wir den Blick von dieser fantastischen Unterwasserlandschaft nicht lösen.

Wir erreichen nach wenigen Minuten die östliche Riffkante – schon auf dem Weg hierher hatten wir zwei Riffhaie ausmachen können, die im strömungsreichen Bereich nach einer günstigen Gelegenheit Ausschau halten.

Auf fast 30 Meter sind wir nun herabgetaucht und die Strömung an der Kante zwingt den ein oder anderen, seinen Strömungshaken zu setzen.

Mit Mühe finde ich hinter einem Korallenblock Schutz im Strömungsschatten und fasse wieder Atem, während ich die Szenerie auf mich wirken lassen. Ich versuche mühsam einige Aufnahmen zu schießen, doch das gelingt nur bedingt.

Auch bereitet mir mein Flaschendruck Sorgen, denn auf der aktuellen Tiefe habe ich in der Strömung viel Luft verbraucht. Aber noch habe ich noch genügend Reserven und so folge ich dem eleganten Patrouillengang der zwei grauen Riffhaie, die noch immer an der Riffkante unter uns entlanggleiten.


Nach wenigen Augenblicken winkt uns unser Guide heran und veranlasst uns, wieder in den flacheren Bereich zurück zu tauchen. Genau rechtzeitig, denke ich, denn es verbleiben nur noch 65 Bar in meiner Tauchflasche.

Und so sollte auch dieser fantastische Tauchgang am Riff Sanganeb Süd entspannt enden, wäre da nicht noch ein erwähnenswertes Missgeschick, dass einem der italienischen Taucher widerfahren ist.

Ein Taucher abgängig

Als wir an Bord unseres Dinghies gelangt sind, wird trotz der Sprachbarrieren klar, dass es ein Problem gibt: Die italienischen Gäste tauschen nervöse Blicke und eine der weiblichen Gäste gestikuliert wild mit ihren Händen, während sie energisch auf unseren Guide einredet.

Der wahre Grund wird uns erst klar, als der Rest der Truppe auf Englisch um Mithilfe gebeten wird: Einer der Taucher ist nicht auffindbar – er scheint von der Strömung abgetrieben worden zu sein und wir sind angehalten, nach ihm Ausschau zu halten.

Der Alptraum eines jeden Tauchers und eines jeden Guides! Der Gedanke allein weckt schon Unbehagen.

Doch so sehr wir uns anstrengen, können wir doch nichts entdecken und der Taucher bleibt verschollen. Unsere Blicke werden immer nervöser und die Frau gerät allmählich an die Grenzen ihrer nervlichen Belastbarkeit.

Nach scheinbar nicht enden wollenden Minuten des Bangens schreit unser Guide einige arabische Befehle dem Bootsführer entgegen und dieser setzt das kleine Beiboot mit Vollgas in Bewegung.

Und tatsächlich, obwohl der Taucher gegen das Sonnenlicht abgetrieben war, hat unser Tauchguide ihn in einer Entfernung von knapp 200 Metern ausmachen können – was für ein sensationelles Glück der italienische Taucher hatte, lässt sich leicht erahnen: Einige Minuten später und er wäre verloren gewesen.


Glücklicherweise hatte er eine Dekoboje dabei, dessen grelle Farbe zuletzt noch die Aufmerksamkeit unseres aufmerksamen Crewmitgliedes erregte.

Wieviel Glück er hatte, wird nicht mal dem Italiener selbst deutlich. Er spielt die Situation bewusst mit viel Machogehabe runter – alles sei doch halb so wild. Er habe ein bisschen zu tief durch den Sucher seiner Kamera geblickt und so die Orientierung verloren.

Das Lächeln zu seinen selbstbewussten Worten wirkt eher verlegen und spricht Bände.

Fragwürdig an sich ist auch die Tatsache, wie sein Buddy ihn so sehr aus den Augen verlieren konnte, insbesondere, weil sein Buddy seine Ehefrau war – jene Dame, die an Bord des Beibootes in hektisches Gestikulieren und Schnappatmung verfiel.

Aber hey, alles nicht dramatisch – kein Ding!

Nach diesem Schreckmoment erreichen alle wieder wohlbehalten das Safariboot. Und auch wenn der beschriebene Vorfall den Tauchgang ein wenig überschattet, so war es dennoch ein unvergessliches Erlebnis.

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